StA Augsburg: Staatsanwalt fordert hohe Strafe für Filesharer
Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat beim AG Augsburg Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gegen einen Filesharer gestellt. Auf dem Rechner des Mannes wurden 46 Musikstücke sichergestellt. Pro Song fordert die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe in Höhe von 10 Tagessätzen. Insgesamt also 460 Tagessätze. „Diese Forderung ist viel zu hoch“, erläutert der auf Online-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Christian Solmecke. „Im Jahr 2004 hat das Amtsgericht Cottbus einen Filesharer, der 272 Lieder angeboten hat, zu einer Strafe von 80 Tagessätzen verurteilt. Selbst dieses Urteil war schon überzogen.“
Heikel an der Situation: Ab 91 Tagessätzen gilt man als vorbestraft. Die Tagessatzhöhe richtet sich nach dem jeweiligen Einkommen. Ob das Gericht den Strafbefehl tatsächlich erlassen wird, ist noch fraglich. Der Beschuldigte bzw. sein Verteidiger (Rechtsanwalt Stefan Pfalzgraf) soll bis zum 27. Juni 2006 zu den Vorwürfen Stellung nehmen. „Allein die Höhe der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe ist erschreckend“, erläutert Solmecke. Der aktuelle Fall aus Augsburg macht deutlich, wie unsicher die Staatsanwälte und Richter noch im Umgang mit dem relativ neuen Medium Internet sind.
Nach Informationen der „Augsburger Allgemeinen“ vom 12. Mai 2006 wird dem Beschuldigten nur das Kopieren von Musikstücken vorgeworfen. „Allein das Kopieren bzw. das Herunterladen von Musik zu privaten Zwecken ist erlaubt, nur das Anbieten ist strafbar“, macht Anwalt Solmecke deutlich. Hier ist also schon fraglich, ob überhaupt eine strafbare Handlung begangen worden ist.
Der Tausch von Musik ist allerdings nicht der alleinige Grund, warum gegen den Beschuldigten Strafbefehl ergehen soll. Der Mann soll eine Bekannte um 3.000 Euro betrogen haben. Für diesen Betrug soll er acht Monate Freiheitsstrafe erhalten. Zusammen mit den 460 Tagessätzen für die mp3-Files soll sodann eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten gebildet werden. Sollte es hier tatsächlich – wie vom Staatsanwalt beantragt – zu einer Verurteilung kommen, wäre dies das härteste Urteil, das je in Deutschland gegen einen Filesharer ergangen ist.
In diesem Zusammenhang warnt Solmecke davor, in solchen Fällen selbst in Verhandlung mit den Gerichten oder der Musikindustrie zu treten: „Aus der anwaltlichen Praxis ist mir bekannt, dass sich viele Filesharer durch geschicktes Fragen der Polizei überlisten lassen und unvorteilhafte Aussagen tätigen. Hier sollte professionelle Hilfe zu Rat gezogen werden.“
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