OLG Hamburg: Widerrufsbelehrung darf keine Einschränkung hinsichtlich der zu erstattenden Versandkosten enthalten
Obwohl die Anfertigung einer Widerrufsbelehrung mit enormen wettbewerbsrechtlichen Risiken verbunden ist, lassen sich einige Online-Händler immer wieder dazu verleiten, ihre Widerrufsbelehrung selbst zu formulieren. Eine Abmahnung lässt in diesem Fall meist nicht lange auf sich warten. Das OLG Hamburg hat mit Beschluss vom 05.07.2007 (Az. 5 W 90/07) zu einer solchen selbstformulierten Klausel im Rahmen der Widerrufsbelehrung Stellung genommen. Der bei eBay tätige Online-Händler hatte innerhalb seiner Widerrufsbelehrung folgende Formulierung verwendet:
„Die Versandkosten, die aus dem Widerruf resultieren, werden im niedrigsten Satz zurückerstattet. Bitte sprechen Sie die Rücksendung vorher mit uns ab.“
Nach Auffassung der Hamburger Richter ist eine solche Klausel wettbewerbswidrig, da sie der gesetzgeberischen Intention erkennbar zuwiderlaufe:
„Gemäß § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB trägt die Kosten und Gefahr der Rücksendung bei Widerruf und Rückgabe der Unternehmer. Das Gesetz sieht keinerlei nähere Regelungen dazu vor, in welchem konkreten Umfang diese Kostentragungspflicht besteht. Für den Regelfall mag es zutreffend sein, dass der Unternehmer lediglich verpflichtet ist, die Kosten für einen möglichst preisgünstigen Weg der Rückgabe zu übernehmen und der Verbraucher die Erstattung vermeidbarer Mehrkosten nicht verlangen kann. Die beanstandete Formulierung ?Die Versandkosten, die aus dem Widerruf resultieren, werden im niedrigsten Satz zurückerstattet geht indes über die Feststellung einer derartigen Selbstverständlichkeit aus. Denn hiermit legt sich der Unternehmer fest, dass er stets und zwar ohne Rücksicht auf etwaige sachliche Notwendigkeiten einer abweichenden Regelung nur den (denkbar) niedrigsten Kostenbetrag erstatten wird. So kann diese Klausel bei unbefangener Betrachtung jedenfalls von nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise verstanden werden. Eine derartige Einschränkung läuft indes der gesetzgeberischen Intention zuwider. Denn es sind durchaus unterschiedliche Sachverhaltsgestaltungen denkbar z. B. bei der Rücksendung schnell verderblicher Ware, bei denen der Verbraucher auch im Interesse des Unternehmers einen Weg der Rücksendung für geboten erachten darf, der nicht nach den (denkbar) niedrigsten Sätzen abgerechnet werden kann. Durch die beanstandete Klausel kann der Verbraucher in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise in der Ausübung seines Rückgaberechts behindert werden, wenn er befürchten muss, einen Teil der nach Sachlage notwendigen Kosten nicht erstattet zu erhalten. Schon aus diesem Grund stellt sich diese Klausel als unzulässig und wettbewerbswidrig dar. …“
Ein Wettbewerbsverstoß ist dagegen nach Auffassung des OLG Hamburg zu verneinen, wenn die Widerrufsbelehrung lediglich keinen Hinweis über die Gefahrtragungspflicht des Unternehmers bei Rücksendung der Ware enthält. Dies hat das Gericht damit begründet, dass selbst die Muster-Widerrufsbelehrung des Gesetzgebers eine solchen Hinweis nicht vorsehe. Aus § 1 Abs. 4 Satz 2 BGB-InfoV ergebe sich nämlich, dass die Verwendung des Musters in Anlage 3 als ausreichend für den Umfang der Erfüllung der Informationspflichten des Unternehmers anzusehen sei. Die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV seien aber dann bereits erfüllt, wenn diejenigen Angaben mitgeteilt würden, die in den Mustern nach den Anlagen der BGB-InfoV vorgesehen sind. Der Unternehmer sei daher nicht verpflichtet, zusätzliche Belehrungen bzw. Informationen zu geben, die in den Mustern nicht enthalten sind.
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