LAG Köln: Die Rückgabe einer (auch ungelesenen) Kündigung lässt deren Zugang nicht entfallen
Das LAG Köln hat mit Beschluss vom 04.09.2007 (14 Ta 184/07) entschieden, dass der Umstand, dass ein Arbeitnehmer ein Kündigungsschreiben, das sein Arbeitgeber ihm kurz zuvor ausgehändigt hat, ungelesen wieder zurückgibt, nicht den Zugang der Kündigung verhindert. Der Zugang einer Willenserklärung setzt nicht Kenntnis von ihrem Inhalt, sondern nur die Möglichkeit der Kenntnisnahme voraus.
Im entschiedenen Fall war der Kläger langjährig bei der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom 14.08.2006 kündigte diese das Arbeitsverhältnis; das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger während eines Personalgesprächs ausgehändigt. Der Kläger gab es jedoch umgehend mit der Begründung zurück, er könne den Brief nicht lesen. Man möge den Brief doch bitte zu ihm nach Hause schicken, damit seine Kinder ihm den Inhalt übersetzen könnten.
Der Kläger erhob gegen die Kündigung am 29.09.2006 Kündigungsschutzklage und beantragte zugleich die nachträgliche Zulassung der Klage. Hierzu trug er vor, dass ihm die Kündigung zu keinem Zeitpunkt im Original ausgehändigt worden sei. Erst am 25.09.2006 sei ihm eine Kopie übergeben worden. Den am 14.08.2006 ausgehändigten Brief habe er nicht gelesen, sondern sofort wieder zurückgegeben. Möglicherweise sei ihm eine Kündigung untergeschoben worden.
Das ArbG wies den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurück. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hatte keinen Erfolg.
Das LAG führte in seiner Entscheidung aus:
„Die Kündigungsschutzklage ist unzulässig, weil sie nicht gemäß § 4 S.1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben worden ist und der Kläger die Verspätung nicht hinreichend entschuldigt hat. Das ArbG ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger die Kündigung bereits mit Aushändigung des Kündigungsschreibens am 14.8.2007 zugegangen ist.
Dem Zugang der Kündigung steht nicht entgegen, dass der Kläger das Kündigungsschreiben ungelesen wieder zurückgegeben hat. Zugang setzt keine Kenntnis, sondern nur die Möglichkeit der Kenntnisnahme voraus. Unter Anwesenden geht eine schriftliche Erklärung zu, sobald sie durch tatsächliche Übergabe in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt ist. Dem Kläger ist die Kündigung damit in dem Moment zugegangen, in dem das Kündigungsschreiben in seine Hände gelangt ist, da er ab diesem Moment die Möglichkeit hatte, es zu behalten und sich vom Inhalt Kenntnis zu verschaffen.
Auch die möglicherweise bestehenden mangelnden Sprachkenntnisse des Klägers hindern den Zugang der Kündigung nicht. Sie lassen die Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht entfallen, da der Kläger das Kündigungsschreiben ohne weiteres hätte mit nach Hause nehmen und von seinen Kindern übersetzen lassen können.
Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die Kündigung untergeschoben worden ist. Die hierzu angehörten Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, dass in dem Gespräch am 14.8.20006 über die Kündigung gesprochen und dem Kläger das Kündigungsschreiben sogar vorgelesen worden ist. Dieses Beweisergebnis hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen.“
Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung kann über die Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW (www.nrwe.de) abgerufen werden.
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