Kaufrecht: BGH entscheidet zugunsten der Verkäufer
Am 23. Februar 2005 hat der Bundesgerichtshof ein wegweisendes Urteil im Kaufrecht verkündet. Ein Autokäufer hatte an seinem Auto einen Mangel festgestellt und diesen Mangel von einer Werkstatt beheben lassen.
Jetzt verlangte er vom Verkäufer die Reparaturkosten. Zu Unrecht wie der BGH nun feststellte. Zunächst hätte der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nachbesserung setzen müssen. Erst nach Ablauf dieser Frist durfte er eine Werkstatt mit der Reparatur beauftragen. Unterbleibt die Fristsetzung, können auch keine Reparaturkosten verlangt werden. Die Entscheidung gilt auch für alle anderen Kaufverträge, bei denen das Kaufobjekt einen Mangel aufweist und der Käufer zur Reparatur schreitet, ohne den Verkäufer zuvor zur Nacherfüllung aufzufordern. (Christian Solmecke, Rechtsanwalt)
Es folgt das BGH-Urteil vom 23.2.2005 (VIII ZR 100/04) im Volltext:
BGB §§ 437 Nr. 2 und 3, 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4
Sowohl das Recht des Käufers, gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB den Kaufpreis zu mindern, als auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB setzen – wenn nicht einer der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände eingreift – voraus, daß der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat.
Beseitigt der Käufer den Mangel selbst, ohne dem Verkäufer zuvor eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er auch nicht gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB (analog) die Anrechung der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen für die Mangelbeseitigung auf den Kaufpreis verlangen oder den bereits gezahlten Kaufpreis in dieser Höhe zurückfordern.
BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 – VIII ZR 100/04 – LG Gießen AG Gießen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Wiechers, Dr. Wolst, Dr. Frellesen sowie die Richterin Hermanns
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 10. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Der Kläger erwarb am 16. März 2002 von dem Beklagten, einem Kraft
fahrzeughändler, einen EG-Neuwagen S. zu einem Preis von 6.700 €.
Für den Beklagten vermittelte der Autohändler M. den Abschluß des Kauf
vertrags. Bei diesem schloß der Kläger zugleich eine „Garantievereinbarung
zum Kauf über P.-Produkte“ für das Fahrzeug ab.
Das Fahrzeug wurde dem Kläger im April 2002 übergeben. Im November 2002 erlitt es einen Motorschaden; die Ursache für diesen Defekt ist streitig. Der Kläger wandte sich an den Autohändler M. ; dieser erklärte, die Garantie greife im Hinblick auf die fehlenden Eintragungen im Serviceheft über die Durchführung von Inspektionen nicht ein.
Der Kläger ließ den Motor bei einer S. -Vertragshändlerin austauschen. Anschließend wandte er sich wegen der Erstattung der Reparaturkosten an die S. Deutschland GmbH, die jedoch eine Kostenbeteiligung unter Hinweis auf
das nicht ausgefüllte Serviceheft ablehnte. Mit Schreiben vom 2. Juni 2003 unterrichtete der Kläger erstmals den Beklagten über den eingetretenen Schaden und forderte ihn zur Erstattung der Reparaturkosten auf; dies lehnte der Beklagte ab.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Zahlung des Rechnungsbetrags für den Austausch des Motors in Höhe von 2.506,90 € nebst Zinsen. Er hat die Minderung des Kaufpreises erklärt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers, die er zusätzlich damit begründet hat, daß der Beklagte infolge der Selbstvornahme der Reparatur Nachbesserungskosten erspart habe, zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in NJW 2004, 2906 veröffentlicht ist, hat zur Begründung ausgeführt:
Der Kläger könne keine Mängelgewährleistungsrechte geltend machen. Infolge der Neuregelung des Kaufrechts durch die Schuldrechtsreform 2002 sei die Nacherfüllung gegenüber der Geltendmachung von Minderung beziehungsweise Schadensersatz vorrangig. Hiernach wäre es erforderlich gewesen, den Beklagten unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufzufordern; dies sei nicht geschehen. Der Kläger sei zunächst ausschließlich aus der Garantie gegen den Autohändler M. beziehungsweise gegen die deutsche Repräsentantin des Herstellers vorgegangen. Zur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit der Nachbesserungsaufforderung habe der Kläger weder substantiiert vorgetragen, noch ergäben sich dafür greifbare Anhaltspunkte aus den Umständen.
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch wegen ersparter Aufwendungen gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB (analog) zu. Der Gesetzgeber habe zwar dem Besteller eines Werkvertrags das Recht zur Selbstvornahme eingeräumt, eine vergleichbare Regelung für das Kaufrecht jedoch nicht getroffen. Die Aufzählung der Rechte des Käufers im Gewährleistungsfall ergebe sich allein aus § 437 BGB. Es liege auch keine durch Analogie zu § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB zu schließende Regelungslücke vor.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand, so daß die Revision des Klägers zurückzuweisen ist.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Kläger keine Rechte gemäß § 437 BGB wegen Mangelhaftigkeit der Sache geltend machen kann. Das Landgericht hat seiner Prüfung zutreffend die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138; im Folgenden: Schuldrechtsmodernisierungsgesetz) zugrunde gelegt, da der Kaufvertrag am 16. März 2002 zustande gekommen ist (vgl. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
a) Es kann offenbleiben, ob das Berufungsgericht – wie die Revision rügt – es rechtsfehlerhaft unterlassen hat, die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 281 Abs. 1 BGB zu prüfen, obwohl der Kläger in der Berufungsinstanz nur Minderung (§ 441 BGB) und ersparte Nacherfüllungskosten (§ 326 Abs. 2 Satz 2 BGB analog) begehrt hat. Denn sowohl das Recht des Käufers, den Kaufpreis gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB zu mindern, als auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht wie geschuldet erbrachter Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB setzen grundsätzlich voraus, daß der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) bestimmt hat. Für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung ist dies in § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB ausdrücklich geregelt. Für das Minderungsrecht kommt diese Voraussetzung im Wortlaut des § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB dadurch zum Ausdruck, daß der Käufer „statt“ zurückzutreten den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern kann. Um mindern zu können, muß der Käufer daher gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB zunächst die Voraussetzungen für den Rücktritt herbeiführen, mithin im Regelfall eine Frist setzen (Entwurfsbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 235). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, weil der Kläger dem Beklagten keine Frist zur Beseitigung des Motorschadens gesetzt hat.
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht der Auffassung, daß auf eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht verzichtet werden konnte. Gemäß § 323 Abs. 2 BGB ist eine Fristsetzung unter anderem dann entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (Nr. 1) oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (Nr. 3). Entsprechendes gilt gemäß § 281 Abs. 2 BGB für die Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen rechts-fehlerfrei verneint. Die von der Revision aufgezeigten Umstände rechtfertigen keine andere Beurteilung (nachfolgend aa bis cc); Umstände, die eine Fristsetzung hätten entbehrlich werden lassen, sind auch im übrigen nicht ersichtlich.
aa) Zu Unrecht rügt die Revision, das Berufungsgericht sei unter Verstoß gegen § 286 ZPO dem Beweisantritt des Klägers zu seiner Behauptung, der Autohändler M. habe vor dem Austausch des Motors eine Einstandspflicht verweigert, nicht nachgekommen. Diese Tatsache war ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils unstreitig und bedurfte daher keines Beweises. Sie ist für die Frage, ob eine Fristsetzung entbehrlich war, auch nicht erheblich, weil die Ablehnung einer eigenen Garantieleistung durch den Autohändler M.
für den kaufvertraglichen Nacherfüllungsanspruch gegen den Beklagten ohne
Bedeutung ist. Der Autohändler M. hat erklärt, die Garantie – die der Kläger
anläßlich des Kaufvertragsabschlusses bei M. vereinbart hatte – greife im Hinblick auf die fehlenden Eintragungen im Serviceheft nicht ein. Das Berufungsgericht hat daraus sowie aus dem Umstand, daß der Kläger sich anschließend an die S. Deutschland GmbH gewandt hat, rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen den Schluß gezogen, daß der Kläger zu-nächst aus der Garantie beziehungsweise gegen die deutsche Repräsentantin des Herstellers vorgegangen ist. Die Ablehnung einer Einstandspflicht hinsichtlich der „Garantievereinbarung zum Kauf über P. -Produkte“ hatte für den vom Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag keine Rechtsfolgen, weil sie sich auf ein von dem Kaufvertrag unabhängiges Rechtsverhältnis bezog, an dem der Beklagte nicht beteiligt ist.
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich eine Einstandspflicht des Beklagten auch nicht daraus, daß er schriftsätzlich eingeräumt hat, er müsse sich das Verhalten des Autohändlers M. „in letzter Konsequenz“ zurechnen lassen. Wie der Beklagte in seiner Revisionserwiderung zutreffend aufzeigt, bezog sich diese Erklärung darauf, daß der Autohändler M. den Beklagten als Verkäufer in die Kaufvertragsurkunde aufgenommen hat, obwohl er, M. , nach dem Vortrag des Beklagten von einem Dritten mit der Vermittlung des Verkaufs beauftragt worden war. Daraus folgt jedoch nicht, daß sich der Beklagte auch Erklärungen zurechnen lassen muß, die M. später im Zusammenhang mit der Ablehnung von Ansprüchen aus dem Garantievertrag abgegeben hat.
bb) Eine Nachfristsetzung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil dem Kläger, wie er vorgetragen hat, bei der Übergabe des Fahrzeugs kein ordnungsgemäß ausgefülltes Serviceheft ausgehändigt wurde. Dieser Umstand ist entgegen der Annahme der Revision für die Frage, ob der Kläger den Beklagten zur Nacherfüllung hätte auffordern müssen, ohne Bedeutung.
cc) Nicht zu folgen ist der Revision in ihrer Annahme, es sei davon auszugehen, daß ein Nachbesserungsverlangen des Klägers ohne Erfolg geblieben wäre, weil der Beklagte sich noch in seiner Klageerwiderung darauf berufen habe, nicht Partei des Kaufvertrags geworden zu sein. Das Verteidigungsverhalten des Beklagten im Rechtsstreit erlaubt keinen Rückschluß darauf, daß er ein Nacherfüllungsverlangen des Klägers abgelehnt hätte. Denn der Beklagte hat nach Vorlage einer lesbaren Kopie des Kaufvertrags seine Verkäufereigenschaft nicht mehr ernsthaft bestritten. Daß dies im Zusammenhang mit einem Nacherfüllungsverlangen des Klägers – das dem Beklagten Gelegenheit zu einer Untersuchung des Fahrzeugs und zur Prüfung der Vertragssituation gegeben hätte – anders gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Zahlung ersparter Nacherfüllungskosten des Beklagten gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB (analog) in Verbindung mit §§ 326 Abs. 4, 346 ff. BGB verneint.
a) Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung muß sich der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen (§ 439 Abs. 2 BGB), die er durch die Selbstvornahme der Mängelbeseitigung seitens des Käufers erspart, auf seinen Kaufpreisanspruch anrechnen lassen. Insoweit wird entweder die unmittelbare Anwendung des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB befürwortet (Lorenz, ZGS 2003, 398; vgl. auch bereits ders., NJW 2003, 1417; Ebert, NJW 2004, 1761, 1763; Katzenstein, ZGS 2004, 349), oder diese Norm wird für entsprechend anwendbar gehalten (Bamberger/Roth/Faust, BGB, § 437 Rdnr. 33; Jauernig/Stadler, BGB, 11. Aufl., § 326 Rdnr. 29; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., S. 102; Palandt/Putzo, BGB, 64. Aufl., § 437 Rdnr. 4a; vgl. auch Palandt/Heinrichs, aaO, § 326 Rdnr. 13). Zur Begründung wird angeführt, die vom Verkäufer geschuldete Nacherfüllung werde infolge der Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch den Käufer unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB). Der Verkäufer behalte gemäß § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB seinen Kaufpreisanspruch. Gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB – der anzuwenden sei, weil der Käufer als Gläubiger für die Unmöglichkeit der Nacherfüllung verantwortlich sei, § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB – müsse sich der Verkäufer allerdings dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung er-spare; sei der Kaufpreis bereits gezahlt, ergebe sich ein Erstattungsanspruch des Käufers aus § 326 Abs. 4 BGB in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB (eingehend Lorenz, NJW 2003, 1418 f.
b) Entgegen der Revision ist dieser Auffassung nicht zu folgen (LG Aachen, DAR 2004, 452, 453; AG Kempen, ZGS 2003, 397; Dauner-Lieb/Dötsch, ZGS 2003, 250; Dötsch, MDR 2004, 975, 977 f. m.w.Nachw.; Ball, NZV 2004, 217, 227; MünchKommBGB/Westermann, 4. Aufl., § 437 Rdnr. 9 in Verbindung mit § 439 Rdnr. 10; Schroeter, JR 2004, 441; Dauner-Lieb/Arnold, ZGS 2005, 10).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch den Käufer zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung führt, was Voraussetzung der – auch analogen – Anwendbarkeit des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB ist (dagegen Erman/Grunewald, BGB, 11. Aufl., § 437 Rdnr. 3; Oechsler, NJW 2004, 1825, 1826; Schroeter, aaO, 442 f.).
Beseitigt der Käufer einen Mangel der gekauften Sache, ohne daß er dem Verkäufer zuvor eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, kann er Kosten der Mängelbeseitigung nicht gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB (analog) erstattet verlangen. §§ 437 ff. BGB enthalten insoweit abschließende Regelungen, die auch einen Anspruch auf Herausgabe ersparter Aufwendungen in unmittelbarer beziehungsweise analoger Anwendung des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB ausschließen. Anderenfalls würde dem Käufer im Ergebnis ein Selbstvornahmerecht auf Kosten des Verkäufers zugebilligt, auf das der Gesetzgeber bewußt verzichtet hat (aa); zudem würde der Vorrang des Nacherfüllungsanspruchs unterlaufen, der den §§ 437 ff. BGB zugrunde liegt (bb).
aa) Das Gesetz räumt dem Käufer – im Gegensatz zum Mieter (§ 536 a Abs. 2 BGB) und zum Besteller beim Werkvertrag (§§ 634 Nr. 2, 637 BGB) – keinen Aufwendungsersatzanspruch im Falle der Selbstbeseitigung von Mängeln ein. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung der Mängelrechte des Käufers durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz bewußt von einem Selbstvornahmerecht auf Kosten des Verkäufers abgesehen, wie sich insbesondere aus dem Vergleich der in § 437 Nr. 1 bis 3 BGB aufgeführten Rechte des Käufers mit den ebenfalls neu gefaßten und im übrigen im wesentlichen übereinstimmenden Rechten des Bestellers beim Werkvertrag (§ 634 Nr. 1 bis 4 BGB) ergibt (vgl. auch Entwurfsbegründung, BT-Drucks. 14/6040, S. 229). Aus diesem Grunde besteht auch keine planwidrige Regelungslücke, die Voraussetzung einer analogen Anwendung des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB wäre.
Zwar trifft es zu, daß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB bei seiner Heranziehung für den Nacherfüllungsanspruch kein Selbstbeseitigungsrecht des Käufers, sondern Rechtsfolgen der Unmöglichkeit dieses Anspruchs regeln würde und daß die ersparten Kosten des Verkäufers von den im Rahmen eines Selbstvornahmerechts ersatzfähigen eigenen Aufwendungen des Käufers rechtlich zu unterscheiden sind (Ebert, aaO, 1763; Lorenz, NJW 2003, 1417, 1419; vgl.auch Mankowski, EWiR § 326 BGB 1/04, 325, 326). Jedoch geht es auch bei der Anrechnung ersparter Aufwendungen des Verkäufers gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB oder – im Falle eines schon entrichteten Kaufpreises – bei einem entsprechenden Rückzahlungsanspruch des Käufers nach § 326 Abs. 4 BGB um Kosten der vom Käufer vorgenommenen Mängelbeseitigung, lediglich mit dem Unterschied, daß die Kosten nicht nach den auf seiten des Käufers entstandenen Reparaturkosten zu berechnen sind, sondern nach dem Kostenaufwand, den der Verkäufer erspart hat. Ließe man dem Käufer gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB die vom Verkäufer ersparten Aufwendungen zukommen, liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, dem Käufer ein Recht zur Selbstbeseitigung von Mängeln auf Kosten des Verkäufers einzuräumen, das – anders als das Selbstvornahmerecht des Bestellers beim Werkvertrag nach § 637 BGB – nicht einmal den erfolglosen Ablauf einer vom Käufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung voraussetzt (Ball, aaO; vgl. auch Dauner-Lieb/Dötsch, ZGS 2003, 455, 457). Dies widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, der, wie ausgeführt, von der Schaffung eines Selbstbeseitigungsrechts des Käufers auf Kosten des Verkäufers nach dem Vorbild des Miet- und Werkvertrags bewußt abgesehen hat.
bb) Die Erstattung ersparter Mängelbeseitigungskosten gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB stünde auch im Widerspruch zu dem Grundsatz des Vorrangs der Nacherfüllung, der sich aus §§ 437 ff. BGB ergibt.
(1) § 437 BGB zählt die Rechte und Ansprüche auf, die dem Käufer im Falle der Lieferung einer mit einem Rechts- oder Sachmangel behafteten Sache zustehen. Ein grundsätzlicher Vorrang der Nacherfüllung folgt für die Gestaltungsrechte des Rücktritts und der Minderung (§ 437 Nr. 2 BGB) sowie für die Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung und auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen aus dem Umstand, daß diese Rechte des Käufers – wie oben 1 a ausgeführt – regelmäßig den erfolglosen Ablauf einer dem Verkäufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung voraussetzen (vgl. nur Münch-KommBGB/Westermann, aaO, § 437 Rdnr. 4; Palandt/Putzo, aaO, § 437 Rdnr. 4; vgl. auch die Entwurfsbegründung, BT-Drucks. 14/6040, S. 94 f., 220 f.). Aus der Sicht des Verkäufers stellt sich der Vorrang der Nacherfüllung als Nacherfüllungsrecht beziehungsweise „Recht zur zweiten Andienung“ dar, das insoweit seinem Schutz dient, als er durch die Nacherfüllung die Geltendmachung der vorgenannten Käuferrechte abwenden kann (vgl. nur Bamberger/Roth/Faust, aaO, § 439 Rdnr. 2; Westermann, aaO, Rdnr. 2 m.w.Nachw.; vgl. auch Entwurfsbegründung, aaO, S. 89, 220 f.). In der Entwurfsbegründung wird zu dem in § 437 Nr. 2 BGB geregelten Rücktrittsrecht ausgeführt, der Verkäufer erhalte durch das Fristsetzungserfordernis eine letzte Chance, den mit der Rückabwicklung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden (aaO, S. 221). Die Möglichkeit des Verkäufers, die Rückabwicklung des Vertrags durch fristgerechte Nachbesserung oder Neulieferung abzuwenden, sei auch für den Käufer interessengerecht, da er erhalte, was er vertraglich zu beanspruchen habe. Vorrang vor dem Rücktritt vom Vertrag habe damit die Nacherfüllung durch den Verkäufer, wenn auch die Wahl zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung dem Käufer zustehe (Entwurfsbegründung, aaO).
(2) Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß dem – erfüllungsbereiten – Verkäufer die Möglichkeit genommen wird, sich den Kaufpreis durch eine „zweite Andienung“ endgültig zu verdienen, wenn der Käufer die Sache selbst repariert, ohne dem Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu haben. Der gesetzliche Vorrang der Nacherfüllung beziehungsweise das „Recht zur zweiten Andienung“ würden unterlaufen, wenn der Käufer die Kosten der Mängelbeseitigung (durch den Verkäufer) gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB ohne vorherige Fristsetzung ganz oder teilweise von diesem verlangen könnte (LG Aachen, aaO; Dötsch, MDR 2004, 975, 977). Dies widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, der den Interessen des Verkäufers- von den Fällen der Entbehrlichkeit der Fristsetzung abgesehen – durch das in §§ 459 ff. BGB a.F. noch nicht enthaltene „Recht zur zweiten Andienung“ hat Rechnung tragen wollen (vgl. BT-Drucks., aaO, S. 89, 220 f.).
Soweit dagegen eingewendet wird, dem Verkäufer entstehe durch die Anrechnung der ersparten Aufwendungen kein Nachteil, zumal auch zu berücksichtigen sei, daß dem Käufer der Beweis der Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB – und damit auch der Höhe der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen – obliege (vgl. Ebert, aaO, 1764; Katzenstein, aaO, 354), recht-fertigt dies keine andere Bewertung. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, daß die vom Käufer grundsätzlich einzuräumende Gelegenheit zur Nacherfüllung es dem Verkäufer ermöglicht, die verkaufte Sache darauf zu überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht und ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht, sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann (vgl. § 439 Abs. 3 BGB), und hierzu gegebenenfalls Beweise zu sichern. Diese Möglichkeit einer Untersuchung und Beweissicherung verliert der Verkäufer, wenn er nach der vom Käufer durchgeführten Reparatur im Rahmen der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB vor „vollendete Tatsachen“ gestellt wird. Hierdurch würden sich seine Verteidigungsmöglichkeiten ungerechtfertigt verschlechtern (Ball, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Oktober 1965 – VII ZR 124/63, NJW 1966, 39 unter I 4 zum Ausschluß von Bereicherungsansprüchen im Falle der Nichteinhaltung des Fristsetzungserfordernisses nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB(B)).
c) Der Ausschluß einer Erstattung von Mängelbeseitigungskosten, wenn der Käufer dem Verkäufer keine erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, steht im Einklang mit der bereits vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes begründeten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Werkvertragsrecht. Danach kann ein Anspruch des Bestellers auf Ersatz von Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln, wenn er nach Werkvertragsrecht nicht begründet ist, auch nicht auf die Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung oder über die Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt werden, weil die Vorschriften über die Gewährleistung beim Werkvertrag eine abschließende Sonderregelung enthalten (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 1965, aaO, zu § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB(B); Urteil vom 28. September 1967 – VII ZR 81/65, NJW 1968, 43, zu § 633 BGB a.F.; BGHZ 92, 123, 125; 96, 221, 223, jew. m.w.Nachw.; MünchKommBGB/Busche, 4. Aufl., § 634 Rdnr. 8; für eine analoge Anwendung des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB Staudinger/Peters, BGB (2003), § 634 Rdnr. 36 m.w.Nachw.). Damit werden dem Besteller auch Ansprüche gegen den Unternehmer auf die von diesem ersparten Nachbesserungskosten versagt. Der Bundesgerichtshof hat den Vorrang der werkvertraglichen Gewährleistungsvorschriften damit begründet, daß die Zulassung von Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag zu Unklarheiten und Schwierigkeiten führen würde, welche die Vorschriften für den Werkvertrag gerade ausschließen sollen; da die Mängel schon beseitigt seien, werde eine zuverlässige Nachprüfung ihres Umfangs und ihrer Schwere sowie der Angemessenheit der behaupteten Beseitigungskosten oft nicht mehr möglich sein (Urteil vom 28. September 1967, aaO).
Nicht anders liegt es, wie ausgeführt, bei der Erstattung vom Verkäufer ersparter Mängelbeseitigungskosten gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB.
d) Entgegen der Auffassung der Revision (unter Hinweis auf Lorenz, NJW 2003, 1417, 1418 f.) führt der Ausschluß einer Erstattung ersparter Aufwendungen gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Verkäufers gegenüber dem Fall einer vollständigen Unmöglichkeit der Erfüllung. Der Gesetzgeber hat in den §§ 437 ff. BGB die Rechte des Käufers bei Mängeln besonders geregelt. Daß der Käufer, der einen Mangel selbst beseitigt, ohne dem Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu haben, vom Verkäufer grundsätzlich nicht die Erstattung von Mängelbeseitigungskosten verlangen kann, ist lediglich Folge des Umstandes, daß er die gesetzlichen Voraussetzungen der in §§ 437 ff. BGB geregelten Mängel-rechte nicht eingehalten hat. Dem Interesse des Käufers, dem Verkäufer in den Fällen keine Frist setzen zu müssen, in denen dies keinen Erfolg verspricht oder für den Käufer unzumutbar ist, trägt das Gesetz in den Ausnahmebestimmungen der §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 und 440 Satz 1 BGB Rechnung. Die in §§ 437 ff. BGB zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Entscheidung kann nicht dadurch umgangen werden, daß dem Käufer auf dem Wege über die Heranziehung der allgemeinen Vorschriften des § 326 Abs. 2 und 4 BGB wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung zumindest ein Teil der Nachbesserungskosten auch dann zugebilligt wird, wenn die besonderen Voraussetzungen der kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften nicht vorliegen.
BGH Urteil vom 23.02.2005
« Worauf kommt es bei der Testamentsgestaltung an ? OVG Rhlpflz: Private Vermittlung von Oddset-Wetten vorläufig zulässig »