Heise-Urteil: Berufungsentscheidung liegt nun vor
Von Rechtsanwalt Christian Solmecke
In einem viel diskutierten Urteil des Landgerichts Hamburg wurde der Heise-Verlag verpflichtet, seine Internetforen auf rechtsverletzende Äußerungen zu überprüfen und solche Beiträge ggfs. zu löschen. Gegen diese Entscheidung legte der Heise Verlag beim OLG Hamburg Berufung ein. Obwohl der Verlag die Berufung verloren hat, feiert er die Entscheidung als Erfolg.
Der Entscheidung ging folgender Sachverhalt voraus: Auf der Internetseite heise.de werden tägliche neueste News aus der Computerszene veröffentlicht. Unterhalb eines solchen Artikels können die Leser den jeweiligen Beitrag kommentieren. So entstehen zahlreiche Einzelforen, in denen zum jeweiligen Artikel diskutiert wird. In einem dieser Artikel hatte der Heise-Verlag kritisch über eine Dialer-Software berichtet, die auf der Seite einer computerfirma zum Download bereit stand. Im Forum unterhalb des Artikel riefen verschiedene Leser nun dazu auf, die Softwar tausende Male herunterzuladen, um den Traffic der Computerfirma zu erhöhen und so den Server in „die Knie zu zwingen“.
Die Computerfirma forderte den Heise-Verlag auf, die entsprechenden Beiträge zu löschen. Dem kam der Verlag nach. Wenige Tage später fanden sich in dem Formum aber wieder entsprechende Aufforderungen zum Download. Heise vertrat die Auffassung hier müsse nur dann gelöscht werden, wenn auch das Löschen eines konkteten Artikels verlangt werde. Dem folgte das Landgericht seinerzeit nicht und sah den Verlag in der Pflicht, seine Foren laufend zu überprüfen, selbst wenn sie 200.000 Postings enthielten.
Das OLG Hamburg konkretisierte als Berufungsinstanz nunmehr die Anforderungen an die Forenbetreiber. Insbesondere stellte das OLG – so wie jüngst auch das OLG Düsseldorf in der so genannten „Pornokönig-Entscheidung – klar, dass es keine Pflicht für Forenbetreiber gibt, die einzelnen Beiträge vor der Veröffentlichung durchzulesen:
Soweit nicht der Forenbetreiber durch sein eigenes Verhalten Rechtsverletzungen durch die Nutzer provoziert, sind ihm diese nicht zuzurechnen. Eine generelle Verpflichtung zu einer vorherigen „Eingangskontrolle“ würde die Möglichkeiten des freien Meinungsaustauschs in grundrechtswidriger Weise einschränken und gegen § 6 Abs.2 MDStV verstoßen.
Bezogen auf den ganz speziellen Fall sah das OLG aber eine Pflicht des Heise Verlages zur „Nachkontrolle“. Da der Verlag hier kritisch und ggfs. provozierend berichtet habe, sei auch mit rechtsverletzenden kommentaren zu rechenen und es bestünde eine Pflicht zur Überprüfung:
Bei Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht bzw. dem Schutz des Eigentums andererseits hält der Senat eine spezielle Überprüfungspflicht des Betreibers daher dann für angemessen, wenn dieser entweder durch sein eigenes Verhalten vorhersehbar rechtswidrige Beiträge Dritter provoziert hat, oder wenn ihm bereits mindestens eine Rechtsverletzungshandlung von einigem Gewicht im Rahmen des Forums benannt worden ist, und sich damit die Gefahr weiterer Rechtsverletzungshandlungen durch einzelne Nutzer bereits konkretisiert hat (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.6.2006; I 15 U 21/06).
Diese Einschätzung wertete der Heise Verlag als Erfolg. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte für rechtsverletzende Forenpostings vorliegen, besteht für Forenbetreiber auch eine Pflicht zur „Nachkontrolle“. Wer also ein Forum z.B. zum Thema Kochrezepte betreibt, kann dann nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn es vorher keinerlei Anhaltspunkte für rechtsverletzende Äußerungen gab. Eine Pflicht zu einer solchen Kontrolle gibt es allerdings immer dann, wenn bereits ein Verstoß gemeldet worden ist. Dann muss der Betreiber sein Forum genau beobachten und weitere Verstöße sofort löschen.
Es folgt das Berufungsurteil im Volltext:
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am:
Geschäftszeichen: 22. August 2006
In dem Rechtsstreit
….
– Antragsteller und Berufungsbeklagte –
Prozessbevollmächtigte zu 1-2 Rechtsanwalt
gegen
Heise
Zeitschriften Verlag GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementär-GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Ansgar Heise Steven P. Steinkraus und Dr. Alfons Schräder, Heistorfer Str, 7, 30625 Hannover,
– Antragsgegnerin und Berufungsklägerin –
Prozessbevollmächtigte: …..
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7. Zivilsenat, durch die Richter
Dr. Raben, Lemcke, Meyer
nach der am 22.8.2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Geschäftsnummer 324 0 721/05, vom 2.12.2005 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Antragsgegnerin unter Androhung der in dem Beschluss vom 20.9.2005 genannten Ordnungsmittel verboten wird, im Zusammenhang mit der Meldung der Antragsgegnerin vom 5.8.2005 unter der Überschrift „Dialer-Anbieter verteilt Trojaner“ im Internet unter der Adresse heise.de an der Verbreitung von User-Kommentaren mitzuwirken, in denen wörtlich oder sinngemäß dazu aufgefordert wird, Dateien, insbesondere das Programm k.exe, so oft wie möglich von den Servern der Antragstellerin down zu loaden, um die Server der Antragstellerin „in die Knie zu zwingen“ oder den Server-traffic zu steigern oder die Antragstellerin zu veranlassen, ihr download-Angebot zu ändern, wenn dies geschieht, wie in Anlage Ast 5 wiedergegeben.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Berufung.
Gründe:
1. Mit ihrer Berufung wendet sich die Antragsgegnerin gegen ein Urteil des Landgerichts, mit welchem dieses eine einstweilige Verfügung vom 20.9.2005 bestätigt hat. Durch diese Verfügung wurde der Antragsgegnerin, die unter der Domain heise.de ein Nachrichtenportal im Internet betreibt, verboten, Forumsbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgefordert wird, durch massenhafte Downloads des Programms k.exe den Server-Betrieb der Antragstellerin zu 1), zu stören.
Die Antragsgegnerin stellte am 5.8.2005 um 16.12 Uhr einen Artikel ins Netz, der sich kritisch mit dem von der Antragstellerin zu 1) vertriebenen Programm k.exe befasst (Anl. Ast.2). Wie bei allen Beiträgen, die die Antragsgegnerin im Internet publiziert, war im Anschluss daran ein Forum eingerichtet, auf dem sich Internetnutzer zum Inhalt des Beitrags äußern konnten. Dort meldeten sich in der Folge mehrere lnternetnutzer, die dazu aufriefen, das Programm k.exe so häufig vom Server der Antragstellerin zu 1) herunter zu laden, dass dieser überlastet wird und ausfällt.
Nachdem seitens der Antragsteller (der Antragsteller zu 2) ist Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1)) die Antragsgegnerin noch am 5.8.2005 um 20.53 Uhr auf die Beiträge in dem Forum hingewiesen worden war, die die genannten Aufrufe enthielten, wurden diese und der gesamte Diskussionsstrang noch an demselben Tag um 23.16 Uhr gelöscht.
Mit Schreiben vom 8.8.2005 (Anl. Ast 3) forderten die Antragsteller die Antragsgegnerin u.a. zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Daraufhin erwiderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 8.8.05 (Ani. Ast 4), in welchem sie darauf hinwies, dass sie nach Eingang des Abmahnschreibens auch ohne die konkrete Benennung monierter Beiträge „als Zeichen des Entgegenkommens“ alle Beiträge, die zum Download der Software der Antragstellerin aufriefen, gelöscht habe, und dass sie bei konkreter Benennung rechtswidriger Postings auch künftig diese unverzüglich entfernen werde.
In seiner Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Antragsgegnerin sei als Störerin verantwortlich, da sie ihrer Pflicht, Vorkehrungen zu treffen, die die Verbreitung rechtswidriger Inhalte über die von ihr betriebene Einrichtung verhinderten, nicht nachgekommen sei. Die Rechtswidrigkeit der verbreiteten Inhalte sei offensichtlich gewesen. Allein die Tatsache, dass die Antragsgegnerin eine große Anzahl von Internetforen mit rund 200 000 monatlichen Einträgen von Nutzern betreibe, deren Überwachung erheblichen zusätzlichen Personalaufwand erfordere, entlaste die Antragsgegnerin nicht. Die Antragsgegnerin habe ferner aufgrund ihres eigenen kritischen Beitrages damit rechnen müssen, dass Nutzer „über die Stränge schlagen“ würden, und deshalb Vorkehrungen dagegen treffen müssen, indem sie die eingehenden Beiträge vor ihrer Freischaltung hätte prüfen müssen. Im Einzelnen wird hierzu auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.
Mit ihrer Berufung weist die Antragsgegnerin zunächst darauf hin, dass es bei Einstellung von Beiträgen in ein lnternetforum keines Freischaltungsvorgangs seitens des Betreibers bedürfe. Die Überwachung sei in Anbetracht der Fülle sowie der Schwierigkeit bei der rechtlichen Bewertung der eingehenden Beiträge nicht zumutbar. Die auferlegten Prüfungspflichten verletzten das Grundrecht der Pressefreiheit und ständen im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem „Panorama-Urteil“ (NJW 1976, 1198). Es bestehe auch keine allgemeine Lebenserfahrung dahin, dass eine kritische Berichterstattung Dritte verletzende Beiträge im Forum provoziere, was sich schon darin zeige, dass in der Zwischenzeit keine entsprechenden Aufrufe zum massenhaften Download des Programms k.exe mehr erfolgt seien, obgleich der Artikel weiterhin abrufbar sei.
Die Antragsgegnerin meint außerdem, der Verbotstenor sei zu weit gefasst. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin ihren Antrag wie aus dem Tenor ersichtlich, präzisiert.
Zu den Ausführungen der Parteien wird im Übrigen auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze verwiesen.
2. Die Berufung der Antragsgegnerin ist nicht begründet.
Den Antragstellern steht ein Unterlassungsanspruch gem. § 823 Abs.1 i.V. mit § 1004 Abs.1 Satz 2 BGB analog zu.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen wird, ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ungeachtet der möglichen Kritikwürdigkeit des Geschäftsmodells der Antragsteller die in das Internetforum der Antragsgegnerin von Seiten verschiedener Nutzer eingestellten Beiträge (Anlagen Ast 5), die zur Störung des Server-Betriebs der Antragstellerin zu 1) aufriefen, das Recht beider Antragsteller am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzten.
a) Da der Antragsgegnerin der Inhalt der Beiträge bei Einstellen in das von ihr eröffnete Forum nicht bekannt war, kommt sie allerdings weder als Täterin noch Teilnehmerin an den schadensträchtigen Veröffentlichungen in Betracht. Ihr Beitrag zu diesen Veröffentlichungen besteht ausschließlich darin, generell ein Forum für Beiträge Dritter zur Verfügung gestellt zu haben. Wie sich § 9 MDStV entnehmen lässt, sind Mediendiensteanbieter im Allgemeinen nicht für fremde Informationen verantwortlich, die sie für einen Nutzer speichern, sofern sie von dem rechtwidrigen Beitrag keine Kenntnis haben und sofern sie nach Kenntnis unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen.
Wie der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 11.3.2004 (NJW 2004, 3102) in Bezug auf die gleich lautende Bestimmung des § 11 TDG überzeugend ausgeführt hat, schließt dies allerdings eine weitergehende Verantwortung im Rahmen von Unterlassungsansprüchen nicht aus.
Zwar zeigt die genannte Regelung auf, dass die Zur-Verfügung-Stellung von Speicherplatz oder technischen Möglichkeiten als Tatbeitrag nicht ausreicht, um eine rechtwidrigen Handlung des Betreibers anzunehmen (vgl. Wenzel/Burckhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, 10, Rn 240).
In Betracht kommt jedoch ein Unterlassungsanspruch gegen den Forenbetreiber als Störer. Hierbei ist zur Vermeidung der übermäßigen Erstreckung der Störerhaftung anerkannt, dass die Haftung als Störer zusätzlich die Verletzung von Prüfungspflichten voraussetzt, deren Umfang sich danach bestimmt, inwieweit eine Prüfung dem als Störer in Anspruch genommenen zuzumuten ist (vgl. BGH a.a.O.; BGH GRUR 2004,619).
Dabei ist insbesondere zu beachten, dass das Betreiben eines Internetforums unter dem Schutz der Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit steht, und dass die Existenz eines derartigen Forums bei Überspannung der Überwachungspflichten gefährdet wäre. Auf der anderen Seite ist das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht der Betroffenen zu berücksichtigen, die Gegenstand von Beiträgen der Nutzer des Forums geworden sind, und deren Verletzung durch die Bereitstellung des Forums erst ermöglicht worden ist.
Die Besonderheit der Teilnahme an einem Internetforum besteht darin, dass die Verbreitung der eingestellten Beiträge, im Unterschied etwa zur Übernahme von Leserbriefen in ein Printmedium, nicht Folge einer ausdrücklichen kognitiven Freigabe durch den Betreiber ist. Die Veröffentlichung erfolgt vielmehr allein aufgrund eines Eingabeaktes durch den jeweiligen Nutzer ohne vorherige konkrete Kenntnis des Forumsbetreibers. Der Vorgang des Einstellens in das Forum ist insofern vergleichbar mit einer Äußerung Dritter im Rahmen einer Live-Sendung in Rundfunk oder Fernsehen, unterscheidet sich allerdings insofern von jener, als im Rahmen einer Sendung seitens des Medienvertreters unverzüglich eine Relativierung, Kommentierung bzw. Distanzierung geäußert werden kann. Auf der anderen Seite liegt es für jeden Leser des Forums auf der Hand, dass es sich bei den Forumsbeiträgen nicht um die Wiedergabe der Meinung des Betreibers handelt, so dass es schon deshalb einer Distanzierung nicht bedarf.
In Bezug auf Live-Diskussionen in Funk und Fernsehen ist anerkannt (BGH NJW 1976, 1198; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage; 10 Rn. 208), dass die Verbreiterhaftung des Fernsehens beschränkt ist, sofern das Medium als „Markt der Meinungen“ tätig wird, da es eine der wichtigsten Aufgaben des Fernsehens ist, der Meinungsvielfalt die Möglichkeit zur Darstellung zu geben. Es widerspräche nämlich der Funktion des Mediums, wenn es unter solchen Umständen eine Haftung für Diskussionsbeiträge neben oder anstelle des Urhebers träfe. Dem gemäß wird nur dann von einer Haftung des Mediums ausgegangen, wenn sich dieses nicht in angemessener Weise von dem Inhalt der Äußerung distanziert oder wenn es die Äußerungen sogar bewusst provoziert hat. Maßgeblicher Gesichtpunkt für die Verbreiterhaftung der Rundfunkanstalt in solchen Fällen ist somit die Frage, ob sich aus den Umständen ergibt, dass sich das Medium selbst die Äußerung zu eigen gemacht hat. Eine darüber hinausgehende Haftung des Senders als Störer ist in diesem Zusammenhang nicht in Betracht gezogen worden.
In Anlehnung an diese Grundsätze gilt für ein Internetforum, bei dessen Nutzung nicht einmal der Eindruck erweckt wird, der Beitrag gebe die Meinung des Forumsbetreibers wieder, dass schon im Hinblick auf die garantierte Freiheit der Meinungsäußerung auch eine Haftung als Störer im Regelfall nicht in Betracht kommt, soweit lediglich der Vorgang des Einstellens des Beitrags durch Dritte in Frage steht. Soweit nicht der Forenbetreiber durch sein eigenes Verhalten Rechtsverletzungen durch die Nutzer provoziert, sind ihm diese nicht zuzurechnen. Eine generelle Verpflichtung zu einer vorherigen „Eingangskontrolle“ würde die Möglichkeiten des freien Meinungsaustauschs in grundrechtswidriger Weise einschränken und gegen § 6 Abs.2 MDStV verstoßen.
b) Dies gilt indessen nicht zwangsläufig auch für die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Weise der Forenbetreiber nach Einstellung von Beiträgen der Teilnehmer verpflichtet ist, den Inhalt der Seite zu überwachen und bei Vorliegen einer offensichtlichen Verletzung der Rechte Dritter Beiträge zu löschen. Im Unterschied zur Ausstrahlung einer Live-Sendung, die, wenn man von der Möglichkeit der Erstellung von Kopien absieht, lediglich von dem gerade zuhörenden Publikum wahrgenommen wird, bleibt nämlich der Beitrag in einem Internetforum über längere Zeit einem wechselnden Publikum zugänglich, so dass sich die Verletzung mit jedem weiteren Leser perpetuiert.
bb) Die Antragsgegnerin traf darüber hinaus die Pflicht, die Beiträge des konkreten Forums laufend daraufhin zu prüfen, ob sie erneute Aufrufe der beanstandeten Art enthielten.
Dabei kann die Frage, ob die Antragsgegnerin eine generelle Verpflichtung zur Überwachung aller Einträge in ihre Foren traf, im vorliegenden Fall offen bleiben. Der Senat neigt allerdings zu der Auffassung, dass die Antragsgegnerin ohne konkreten Anlass jedenfalls nicht die Pflicht zur Überwachung aller von ihr betriebenen Foren gehabt hätte. Dies ergibt sich bereits aus § 6 Abs.2 MDStV.
Diese Vorschrift schließt allerdings nicht aus, bei entsprechendem Anlass eine spezielle Prüfungspflicht des Forenbetreibers anzunehmen, bei deren Verletzung dessen Inanspruchnahme als Störer in Betracht käme. Hierbei ist abzuwägen zwischen der mit einer derartigen Überwachung verbundenen Belastung des Betreibers und der Gefahr von Persönlichkeits- oder Eigentumsverletzungen durch Nutzer des Forums.
Während eine allgemeine Überwachungspflicht (im Falle der Antragsgegnerin bei rund 200.000 Einträgen im Monat, wie diese glaubhaft gemacht hat) mit vertretbaren Mitteln nur schwer durchführbar erscheint, wird die Kontrolle über ein einzelnes Forum, in welchem mit dem Auftreten von Rechtsverletzungen konkret zu rechnen ist, mit wesentlich geringerem Aufwand möglich sein. Eine solche Kontrolle ist dem Betreiber jedenfalls dann zuzumuten, wenn die Gefahr erheblicher Rechtsverletzungen droht. Bei vollständiger Freihaltung des Betreibers von Überprüfungspflichten auch in diesen Fällen entstände für den Schutz grundrechtlich geschützter Positionen der Betroffenen ein Vakuum, da diese vom Forenbetreiber dann lediglich die Löschung des konkreten Beitrags verlangen könnten, ohne einen darüber hinausgehenden Schutz vor künftigen Verletzungshandlungen erreichen zu können. Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass es dem Verletzten unbenommen sei, gegen den Autor der verletzenden Äußerung vorzugehen, da dieser in vielen Fällen nicht identifizierbar oder erreichbar sein wird.
Bei Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht bzw. dem Schutz des Eigentums andererseits hält der Senat eine spezielle Überprüfungspflicht des Betreibers daher dann für angemessen, wenn dieser entweder durch sein eigenes Verhalten vorhersehbar rechtswidrige Beiträge Dritter provoziert hat, oder wenn ihm bereits mindestens eine Rechtsverletzungshandlung von einigem Gewicht im Rahmen des Forums benannt worden ist, und sich damit die Gefahr weiterer Rechtsverletzungshandlungen durch einzelne Nutzer bereits konkretisiert hat (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.6.2006; I 15 U 21/06).
Ob es im vorliegenden Fall angesichts der Brisanz des Ursprungsartikels der Antragsgegnerin für die Leserschaft der Antragsgegnerin nahe lag, dass nach dessen Veröffentlichung die hier in Frage stehenden Reaktionen von Seiten der Leser erfolgen würden, ist nicht abschließend zu entscheiden. Die Antragsgegnerin traf nämlich jedenfalls nach Bekanntgabe der ersten Beiträge mit dem verletzenden Inhalt am 5.8.05 eine spezielle Überwachungs- und Beseitigungspflicht, der sie nicht nachgekommen ist, so dass schon deshalb der geltend gemachte Anspruch besteht.
Nach Bekanntgabe der ersten Beiträge am 5.8.05 hat die Antragsgegnerin zwar diese gelöscht, andererseits aber ausweislich ihres eigenen Schreibens vom 8.8.05 (Anl. Ast 4) erst nach dem Abmahnschreiben der Antragstellerin vom 8.8.05 eine erneute Löschung vorgenommen, obgleich es nahe lag, dass die Nutzer des Forums ihre Aufrufe fortsetzen würden. Darüber hinaus hat sich die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben geweigert, künftig auch ohne konkrete Aufforderung tätig zu werden. Eine Überprüfung und – bei verletzendem Inhalt – Löschung der Beiträge ihres Forums nach dem 5.8.05 wäre jedoch geboten und unter den gegebenen Umständen auch zumutbar gewesen. Schon die Tatsache, dass die Antragsgegnerin nach ihren eigenen Angaben in ihrem Schreiben vom 8.8.05 in der Lage war, unter den seinerzeit über 700 Äußerungen in dem Forum alle Beiträge zu sperren, die zum Download des Programms k.exe aufriefen, zeigt, dass eine Sichtung ohne größeren Aufwand möglich war. Zudem war es für sie offensichtlich, dass der Antragstellerin bei Fortsetzung der Aufrufe ein schwerer wirtschaftlicher Schaden entstehen konnte.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin die Foren im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit betreibt, so dass ihr eine Überwachung eher zuzumuten ist, als dem privaten Betreiber eines solchen Forums. Selbst wenn sie unmittelbar aus den dort eingestellten Beiträgen keinen Nutzen zieht, profitiert sie doch mittelbar über ihre Werbeeinnahmen von der Häufigkeit der Nutzung ihrer Foren.
Da die Antragsgegnerin somit die ihr obliegende Kontrollpflicht verletzt hat, haftet sie bei bestehender Wiederholungsgefahr als Störer.
c. Den Einwand der Antragsgegnerin, dass das Verbot in der einstweiligen Verfügung zu unbestimmt sei, teilt der Senat nicht. Mit dem Tenor der Unterlassungsverfügung wurde der wesentliche Inhalt von Beiträgen in hinreichend bestimmter Form beschrieben, deren technische Verbreitung die Antragsgegnerin zu unterlassen hat. Er war ohnehin so zu verstehen, dass sich die Unterlassungsverpflichtung nur auf das konkrete Forum zu dem redaktionellen Beitrag der Antragsgegnerin bezieht. Dies muss indessen nicht vertieft werden, da die Antragstellerin nunmehr ihren Antrag umformuliert hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.
Raben Lemcke Meyer