MICHAEL Rechtsanwaelte

Gesetzentwurf zum Internationalen Gesellschaftsrecht

Die Bundesjustizministerin Zypries hat am 07.01.2008 einen Gesetzentwurf zum Internationalen Gesellschaftsrecht auf den Weg gebracht. Der Entwurf ergänzt das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) um Vorschriften zum Recht für grenzüberschreitend tätige Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen.

Über den Inhalt informiert eine aktuelle Mitteilung des Bundeministeriums der Justiz:

„Für Gesellschaften, Vereine und juristische Personen ist die Frage, welches Recht auf sie anzuwenden ist, von zentraler Bedeutung. Bislang gibt es im deutschen Recht hierzu keine geschriebenen Regelungen. Dies hat zu Unsicherheiten bei der Frage des anzuwendenden Rechts geführt, wenn Gesellschaften grenzüberschreitend tätig sind. Durch die neuen Regelungen läßt sich künftig das anwendbare Recht für den Rechtsverkehr sicher bestimmen“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

In der Rechtspraxis wurde bislang an den tatsächlichen Verwaltungssitz der Gesellschaft und das dort geltende Recht angeknüpft (sog. Sitztheorie). Die Gesellschaft unterlag den Rechtsvorschriften, die am Sitz der Hauptverwaltung gelten. Auf das Recht, nach dem die Gesellschaft gegründet wurde, kam es dagegen nicht an. Dies hatte zur Folge, dass eine nach ausländischem Recht errichtete Gesellschaft mit Hauptsitz in Deutschland nicht wirksam am Rechtsverkehr teilnehmen konnte, wenn sie nicht gleichtzeitig auch die deutschen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben einhielt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sieht darin einen Widerspruch zu der innerhalb der Europäischen Union gewährleisteten Niederlassungsfreiheit (Artikel 43 und 48 EG-Vertrag). Danach ist eine in einem Mitgliedstaat wirksam gegründete Gesellschaft auch im Staat ihres tatsächlichen Sitzes als rechts- und parteifähig anzusehen, ohne dass zusätzliche Anforderungen am Ort der Niederlassung erfüllt sein müssen.

„Diese europarechtlichen Vorgaben werden wir künftig im deutschen Recht verankern. Wir ermöglichen damit den Unternehmen bei der Gestaltung ihrer gesellschaftrechtlichen Strukturen die nötige Flexibilität und Mobilität und leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Handels- und Wirtschaftsbeziehungen“, erläuterte Brigitte Zypries.

Die vorgesehen Regelungen erstrecken die Anwendbarkeit des Gründungsrechts auch auf Gesellschaften, Vereine und juristische Personen, die nicht der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftraum angehören. Dies erleichtert weiter die Rechtsanwendung und vermeidet eine nicht gerechtfertigete Ungleichbehandlung von Gesellschaften aus verschiedenen Staaten.

Wesentliche Eckpunkte des Entwurfs:

  • Gesellschaften, Vereine und juristische Personen unterliegen dem Recht des Staates, in dem sie in ein öffentliches Register eingetragen sind (Gesellschaftsstatut);
    Beispiel: Auf eine in Großbritannien im Handelsregister eingetragene Private Limited Company kommt englisches Recht zur Anwendung, auch wenn die Gesellschaft ihre Tätigkeit ausschließlich in einer Niederlassung in Deutschland ausübt.
  • Das Gesellschaftsstatut gilt insbesondere für Fragen der inneren Verfassung der Gesellschaft und ihres Auftretens im Rechtsverkehr sowie für die Haftung der Gesellschaft und ihrer Mitglieder;
  • Das Verfahren der Umwandlung einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer juristischen Person, das vor allem bei Unternehmenszusammenschlüssen zum Tragen kommt, richtet sich künftig nach dem Recht des Gründungsstaates;
  • Die Gesellschaft kann unter Wahrung ihrer Identität dem Recht eines anderen Staates unterstellt werden, wenn die betroffenen Rechtsordnungen dies zulassen (grenzüberschreitender Rechtsformwechsel)
    Beispiel: Eine deutsche GmbH kann unter bestimmten Voraussetzungen ihren Sitz nach Frankreich verlegen, indem sie sich als „Société à responsabilité limitée“ (S.A.R.L.) in das französische Register eintragen und im deutschen Handelsregister löschen lässt.

Die vorgesehenen Regelungen beruhen in wesentlichen Teilen auf Vorarbeiten der Kommission „Internationales Gesellschaftsrecht“ des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht, die vom Bundesministerium der Justiz eingesetzt wurde.

Der Gesetzentwurf wurde den Ländern, Fachkreisen und Verbänden zur Stellungnahme übersandt. Eine Beschlussfassung im Kabinett ist für das Frühjahr 2008 beabsichtigt.

Quellenhinweis 

Mitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz (www.bmj.bund.de) vom 07.01.2008.

« »