EUGH: Entschädigung bei Flugverspätung wegen Vogelschlag nicht ausgeschlossen
Der EuGH hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 4.5.2017, C-315/15) mit der Frage befasst, ob der Anspruch auf Entschädigungszahlung bei mehr als drei Stunden Flugverspätung auch dann besteht, wenn Vogelschlag die Ursache der Verspätung war.
Fluggäste haben nach EU-Recht bei einer Flugannullierung oder Verspätung von mehr als drei Stunden grundsätzlich Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung , die je nach Fluglänge 250, 400 oder 600 Euro beträgt Ein solcher Anspruch besteht nur dann nicht, wenn die Fluggesellschaft nachweisen kann, dass die Annullierung oder Verspätung auf einem außergewöhnlichen Umstand beruht. Dazu zählen bislang etwa Vulkanausbrüche und unvorhersehbare Streiks. Unklar war bislang, ob dies auch bei Vogelschlag gilt.
In dem vom EuGH nun entschiedenen Fall war das Flugzeug einer tschechischen Fluggesellschaft mit einem Vogel kollidiert. Obwohl die Techniker am Flughafen keine Schäden feststellen konnten, bestand die Fluggesellschaft auf eine weitere Überprüfung durch einen eigenen Techniker, der aber erst eingeflogen werden musste. Hierdurch verspätete sich der Flug um mehr als 5 Stunden. Ein Ehepaar verlangte deshalb die ab 3 Stunden Verspätung für den Flug dieser Entfernung vorgesehenen Ausgleich von 250 Euro pro Person.
Die Klage bei dem nationalen Gericht hatte Erfolg. Die Fluggeselschaft legte jedoch beim tschechischen Verfassungsgerichtshof Verfassungsbeschwerde ein. Dieser wandte sich wiederum an den Europäischen Gerichtshof. Ein solches Vorabentscheidungsverfahren ist gesetzlich vorgeschrieben, damit EU-Recht wie es die Fluggastrechteverordnung darstellt, in jedem Land der Europäischen Union auch einheitlich angewendet wird.
Der EUGH hat jetzt entschieden, dass der Vogelschlag grundsätzlich zwar einen außergewöhnlichen Umstand darstellen könne. Allerdings müssen die Fluggesellschaften auch bei Vogelschlag nachweisen, dass sie die Verspätung auch bei Ergreifen zumutbarer Maßnahmen nicht hätten vermeiden können. Deshalb konnte sich im zu entscheidenden Fall die tschechische Fluggesellschaft nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen. Denn eine weitere Überprüfung, nur weil die Fluggesellschaft ihn mangels Vertrauen in die Techniker vor am Flughafen verlange, gehe zu weit. Erst das unnötige Einfliegen eines eigenen Technikers habe letztlich maßgeblich zur Verspätung beigetragen.
Grundsätzlich seien Fluggesellschaften laut EuGH auch präventive Maßnahmen zur Vogelabwehr zumutbar. Allerdings müssten sie diese auch ergreifen können. So sei es ihnen nicht zumutbar, für Schutzmaßnahmen gegen Vögel – wie etwa mittels Licht und Tönen – an Flughäfen zu sorgen. Dies falle nicht mehr in ihre Zuständigkeit. Konkrete präventive Maßnahmen nannte der EuGH aber nicht. Ebenfalls ließ der EuGH offen, ob Fluggesellschaften schon bei ihrer Flugplanung das Risiko von Vogelkollisionen mitberücksichtigen müssen.
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