BGH: Fehlverhalten des Mieterschutzvereins wird dem Mieter zugerechnet
Die ordentliche Kündigung eines Vermieters ist berechtigt, wenn der Mieter unberechtigt Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von insgesamt mehr als zwei Monatsmieten einbehalten hat. Dies gilt nach Auffassung des Bundesgerichthofs auch dann, wenn der Mieter vom Mieterschutzverein fahrlässig falsch beraten wurde. Dem Mieter sei dann das Verschulden des Mieterschutzvereines gemäß § 278 BGB zuzurechnen (Urteil vom 25.10.2006, Az.: VIII ZR 102/06).
Im zu entscheidenden Fall waren die Beklagten Mieter einer nicht preisgebundenen Wohnung der Klägerin. Sie leisteten für die Zeit von Frühjahr 2004 bis Anfang 2005 keine Vorauszahlungen auf die Betriebskosten, obwohl diese nach dem Mietvertrag monatlich geschuldet waren. Der Einbehalt wurde ihnen vom örtlichen Mieterschutzverein empfohlen. Dieser hatte den Beklagten dazu geraten, weil die Vermieterin trotz Aufforderung keine Fotokopien der Rechnungsbelege zu Betriebskostenabrechnungen für vergangene Jahre übersandt hatte. In der Rechtsprechung wurde zu dieser Zeit noch unterschiedlich beurteilt, ob der Mieter preisfreien Wohnraums einen Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung hat. Nachdem die rückständigen Zahlungen die Summe von zwei Monatsmieten überschritten hatten, kündigte die Klägerin den Beklagten fristgemäß. Ihre auf die Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage sah der Bundesgerichtshof als begründet an. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, weil die Beklagten ihre vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt hätten (§ 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Bei dem unberechtigten Einbehalt eines Betrages in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten handelt es sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs um eine nicht unerhebliche Vertragsverletzung. Die Beklagten seien nicht berechtigt gewesen, die laufenden Betriebskostenvorauszahlungen deshalb zurückzubehalten, weil die Klägerin ihnen keine Belege zu den Betriebskostenabrechnungen für vergangene Jahre übersandt habe. Wie der BGH im März 2006 entschieden habe (NJW 2006, 1419), stehe dem Mieter preisfreien Wohnraums grundsätzlich kein Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung zu.
Die Beklagten treffe zwar kein eigenes Verschulden, weil sie der entsprechenden Empfehlung des Mieterschutzvereins gefolgt seien. Obwohl sie von der Kompetenz des Vereins in Mietrechtsfragen hätten ausgehen dürfen und auch kein Anlass bestanden habe, an dem erteilten Rat zu zweifeln, müssten sie jedoch für das Verhalten des von ihnen eingeschalteten Mieterschutzvereins einstehen. Dies gelte selbst dann, wenn dieser schuldhaft gehandelt habe. Dies ergebe sich aus § 278 BGB. Gegebenenfalls könnten die Beklagten aber beim Mieterschutzverein Rückgriff nehmen.
Der Mieterschutzverein habe die Beklagten fahrlässig falsch beraten. Eine Entschuldigung dieses Rechtsirrtums komme nur dann in Betracht, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung der Gerichte nicht habe rechnen müssen. Das war hier laut BGH aber nicht der Fall. Angesichts der ungeklärten Rechtslage hätte der Mieterschutzverein damit rechnen müssen, dass ein Anspruch auf die Belege für die Betriebskostenrechnung – und damit auch ein darauf gestütztes Zurückbehaltungsrecht – später von der Rechtsprechung verneint werden würde. Der Mieterschutzverein habe deshalb fahrlässig gehandelt, als er den Beklagten dennoch geraten habe, die Betriebskostenvorauszahlungen zurückzubehalten.