Adressbuchschwindel – Urteilsübersicht
Unseriöse Adressbuchverlage machen sich immer wieder die täglich in den Unternehmen eingehende Flut von Briefen, Faxen und E-Mails zunutze, um Gewerbetreibende mit ihren Angeboten zu irrtümlichen Vertragsunterzeichnungen und Zahlungen zu bewegen. Gewerbetreibende nehmen sich auf Grund der Vielzahl ihrer Posteingänge nicht immer die Zeit, sämtliche eingehende Angebote genau zu prüfen. Sie überfliegen die Angebotsschreiben häufig nur und lassen sich dabei durch die äußere Aufmachung täuschen. Das Kleingedruckte bleibt zumeist unbeachtet. Dabei sind erst dort die entscheidenden Hinweise zu lesen: Es handelt sich lediglich um ein unverbindliches Angebot für eine Eintragung in einem völligen unbekannten Adressbuch. Die angeblich schon bestehende Geschäftsverbindung kommt erst durch Unterzeichnung des Angebotsschreibens zustande.
Wenn Sie auf einen unseriösen Adressbuchverlag hereingefallen sind, sollten Sie jedoch nicht einfach dessen Rechnung bezahlen. Die Rechtsprechung ist zu der Frage, ob Sie auf Grund Ihrer Unterschrift zur Zahlung verpflichtet sind, zwar leider immer noch uneinheitlich. Es ergehen allerdings ständig neue Gerichtsentscheidungen, die eine Zahlungsverpflichtung mit unterschiedlichen Begründungen ablehnen. Nachfolgen finden Sie eine Übersicht der uns bekannten Gerichtsentscheidungen zum Thema Adressbuchschwindel:
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Urteil des AG Laufen (1 C 0348/06) vom 07.11.2008:
Der DPM Presse- und Medienverlag hat gegen einen Mandanten der Kanzlei MICHAEL auf Zahlung geklagt. Die Klage hat das Amtsgericht Laufen abgewiesen, weil nach Auffassung des Gerichts kein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist. Das Gerichts wies in den Entscheidungsgründen darauf hin, dass sich aus dem Formular schon nicht konkret bestimmbar ergebe, welche Leistungen der DPM-Presse- und Medienverlag eigentlich anbietet.
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Urteil des AG Pirna (4 C 463/08) vom 06.11.2008:
Der SGW Verlag hat seine Zahlungsklage verloren, weil dessen Formular nach Ansicht des Amtsgerichts Pirna bereits keinen Angebotscharakter hat.
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Urteil des AG Erding (5 C 744/08) vom 28.10.2008:
Das Amtsgericht Erding hat die Klage der TM Telemedia Verlags GmbH abgewiesen, weil das Gericht von einer arglistigen Täuschung der Adressaten ausgegangen ist. Nach Ansicht des Amtsgerichts Erding ist ersichtlich, dass die TM Telemedia Verlags GmbH „mit Unterbreitung von Angeboten der vorliegenden Art darauf abzielt, die mangelnde Sorgfalt der Adressaten beim Lesen des Angebotstextes zu nutzen, um zum Vertragsabschluss zu gelangen. Insgesamt wird durch Wortwahl und optische Aufbereitung, wie bereits aufgeführt, der Eindruck erweckt, es gehe für den Adressaten darum, bereits voreingetragene Daten seiner Firma zu kontrollieren und zu korrigieren. Es wird der Anschein eines bereits bestehenden Eintrags und einer bereits bestehenden laufenden Geschäftsbeziehung hervorgerufen. Die damit festgestellten Bestandteile der objektiven Täuschung lassen vorliegend die Annahme eines von Täuschungswillen getragenen Verhaltens zu…“
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Urteil des LG Düsseldorf (19 S 29/08) vom 23.10.2008:
Die TVV Televerzeichnis GmbH hat keinen Anspruch auf Vergütung für das zweite bis fünfte Vertragsjahr, so das Landgericht Düsseldorf. Viele Gewerbetreibende haben in der Vergangenheit das Formular der TVV Televerzeichnis GmbH in dem Glauben unterzeichnet, der angegebene Preis werde nur ein Mal fällig. Die Klausel, wonach die Bestellung für fünf jährlich erscheinende Ausgaben ab Vertragsabschluss gilt, wurde dabei zumeist übersehen. Das Landgericht Düsseldorf hat insoweit entschieden, dass die Klausel als überraschende Klausel gem. § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist, so dass der Vertrag lediglich über die Veröffentlichung der Einträge in einer Jahresausgabe geschlossen wäre.
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Urteil des AG Kamenz (0041/08) vom 02.10.2008
Die TTT-Tele-Service Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH verliert den Prozess, weil ihr Formular vom Gericht als widersprüchlich bewertet wurde.
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Urteil des AG Wiesbaden (92 C 51903/06 -22) vom 25.09.2008:
Die DPM Presse- und Medien Verlags GmbH unterliegt auch am Amtsgericht Wiesbaden, weil das Gericht in deren Formular eine arglistige Täuschung erblickt hat. Der betroffene Unternehmer hatte den Vertrag deshalb wirksam angefochten.
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Urteil des AG München (122 C 18593/08) vom 18.8.2008:
Das Amtsgericht München hat festgestellt, dass die GS Medien & Verlags GmbH aus ihrem Formular keine Vergütungsansprüche herleiten kann. Gegen die Feststellungklage eines betroffenen Unternehmers hat sich die GS Medien & Verlags GmbH noch nicht einmal verteidigt, so dass das Gericht durch Versäumnisurteil entschieden hat.
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Beschluss des LG Rostock (1 S 180/07) vom 11.07.2008:
Die MR Branchen und Telefon Verlagsgesellschaft mbH hat einen Mandanten der Kanzlei MICHAEL auf Zahlung verklagt. Gegen die Klage haben wir uns erfolgreich verteidigt. In erster Instanz hat das Amtsgericht Rostock die Klage von MR Branchen und Telefon abgewiesen, weil es eine arglistige Täuschung der Adressaten angenommen hat. Die dagegen eingelegt Berufung hat das Landgericht Rostock zurückgewiesen. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Entgeltregelung im Rahmen der AGB eine überraschende Klausel darstellt und deshalb gemäß § 305c BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Sie sei auf Grund ihrer konkreten Einfügung in das Gesamtbild des Vertragsformulars derart ungewöhnlich und überraschend, dass der Empfänger des Formulars nicht mit ihr zu rechnen brauchte.
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Urteil des LG Ingolstadt (21 S 1571/07) vom 28.01.2008:
Sven Wagner / Telefonbuchverlag Wagner verliert den Prozess, weil nach der Telefonbuchverlag Wagner sein Formular nach Ansicht des Gerichts in dem Bewusstsein verwendet hat, „dass dieses möglicherweise zur Irreführung und entsprechenden Beeinflussung geeignet ist, um den jeweiligen Adressaten zu täuschen“.
Aus der Urteilsübersicht wird deutlich, dass es lohnenswert sein kann, sich gegen die Forderungen der Adressbuchverlage zur Wehr zu setzen. Häufig sehen die Gerichte in den Trickformularen eine arglistige Täuschung. In diesem Fall ist es wichtig, dass Sie von Ihrem Anfechtungsrecht auch wirksam Gebrauch machen. Wenn Sie den Vertrag nicht innerhalb der Anfechtungsfrist von 1 Jahr angefochten haben, können Sie sich auf eine arglistige Täuschung nicht mehr berufen.
Wenn auch Sie auf ein Formular eines Adressbuchverlages heringefallen sind, kontaktieren Sie uns einfach kurz telefonisch (02332/7041-0) oder per E-Mail (tarrach@rae-michael.de). Wir beraten Sie dann zu den Erfolgsaussichten.
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