BGH: Zwischenablesekosten bei Mieterwechsel sind keine Betriebskosten
von Rechtsanwalt Christoph Wink
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Mit Urteil vom 14. 11. 2007 (VIII ZR 19/07) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Kosten der Verbrauchserfassung und der Abrechnung von Betriebskosten, die wegen des Auszugs eines Mieters vor Ablauf der Abrechnungsperiode entstehen, keine Betriebskosten, sondern Verwaltungskosten darstellen, die in Ermangelung anderweitiger vertraglicher Regelung dem Vermieter zur Last fallen.
Im entschiedenen Fall verlangte die Klägerin mit der Betriebskostenabrechnung vom 19. 5. 2004 für den Zeitraum vom 1. 1. bis 31. 7. 2003 verlangte die Kl. u.a. die Zahlung einer sog. „Nutzerwechselgebühr“ in Höhe von € 30,74. Diese war ihr von dem für sie tätigen Abrechnungsunternehmen für den durch den Auszug der Mieter innerhalb der Abrechnungsperiode bedingten Nutzerwechsel bezüglich der Wasserkosten in Rechnung gestellt worden.
Das erstinstanzliche AG hatte der Klage zunächst zugesprochen, das LG Görlitz wies die Klage ab. Die hiergegen erhobene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Der BGH führt in seiner Entscheidung aus:
„… Unter der Nutzerwechselgebühr sind hier die durch den Auszug eines Mieters innerhalb der laufenden Abrechnungsperiode veranlassten Kosten der Zwischenablesung verbrauchserfassender Geräte und die ggf. anfallenden Kosten der Bearbeitung des Nutzerwechsels zu verstehen.
…
Zutreffend geht das BerGer. davon aus, dass die Kostentragung hinsichtlich der Nutzerwechselgebühr gesetzlich nicht geregelt ist und die hieraus entstehenden Kosten mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung der Parteien grundsätzlich dem Vermieter zur Last fallen. Dies folgt aus dem Grundsatz des § 535 I 3 BGB, wonach der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Lasten trägt, sofern keine anderslautende Vereinbarung durch die Parteien getroffen wird. … Eine solche Vereinbarung bezüglich der Nutzerwechselgebühr haben die Parteien hier jedoch weder ausdrücklich noch durch Einbeziehung der Anlage 3 zu § 27 I der II. BerechnungsVO geschlossen. Auch aus §§ 7 II , 9b HeizkostenVO ergibt sich insoweit nichts anderes. Denn dort wird nur geregelt, dass bei einem Nutzerwechsel eine Zwischenablesung zu erfolgen hat, nicht jedoch, wer die Kosten dafür zu tragen hat (vgl. Schmid, Hdb. d. Mietnebenkosten, 10. Aufl., Rdnr. 6241).
…
In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob es sich bei der Nutzerwechselgebühr um – nicht umlagefähige – Kosten der Verwaltung (zur Legaldefinition vgl. § 1 II Nr. 1 BetrKV, in Kraft getreten am 1. 1. 2004) oder um – umlagefähige – Betriebskosten i.S. der Anlage 3 zu § 27 I der II. BerechnungsVO oder gem. §§ 7 II, 9b HeizkostenVO handelt.
…
Nach einer vorwiegend in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht, der sich auch das BerGer. angeschlossen hat, sind die Nutzerwechselkosten vom Vermieter zu tragen, da der sie auslösende Mieterwechsel grundsätzlich in den Risikobereich des Vermieters falle (AG Münster, WuM 1996, 231; AG Augsburg, WuM 1996, 98; AG Rendsburg, WuM 1981, 105; AG Braunschweig, WuM 1982, 170 L). … Nach a.A. soll der ausziehende Mieter diese Kosten tragen (AG Coesfeld, WuM 1994, 696 [hiergegen AG Münster, WuM 1999, 405]; AG Köln, WuM 1997, 648). … Eine weitere Meinung stellt auf das Verursacherprinzip ab und will danach unterscheiden, wer den Auszug herbeigeführt hat: Der Vermieter oder der ausziehende Mieter (AG Lörrach, WuM 1993, 68; LG Berlin, GE 2003, 121; v. Brunn, in: Bub/Treier, Hdb. d. Geschäfts- u. Wohnraummiete, 3. Aufl., III Rdnr. 93), wobei die Verursachung teilweise mit schuldhaftem Verhalten gleich gesetzt wird. Die Revisionsbegründung sieht als Verursacher den ausziehenden Mieter an. … Teilweise wird die Meinung vertreten, die Kosten seien verhältnismäßig zwischen dem ausziehenden Mieter und dem neuen Mieter/ggf. – bei Leerstand – dem Vermieter aufzuteilen (Lammel, HeizkostenVO, 2. Aufl., § 9b Rdnrn. 11ff., 15; ders., in: Schmidt-Futterer, MietR, 9. Aufl., § 9b HeizkostenVO Rdnr. 15). Dieser Meinung tritt die Revisionsbegründung hilfsweise bei. … Die Gegenauffassung hält es nicht für gerechtfertigt, den Vermieter einer- oder den ausziehenden Mieter andererseits (ggf. zusammen mit dem einziehenden Mieter) mit den Kosten des Nutzerwechsels zu belasten. Sie meint, diese Kosten flössen in die Gesamtkosten für die Betriebskostenabrechnung ein, die auf alle Mieter umzulegen seien (AG Hamburg, WuM 1996, 562; AG Rheine, WuM 1996, 715; AG Oberhausen, DWW 1994, 24; Eisenschmid/Rips/Wall, BGH: Zwischenablesekosten als Verwaltungskosten – „Nutzerwechselgebühr“ NZM 2008 Heft 4 124, Betriebskostenkomm, 2. Aufl., Rdnr. 3001; Schmid, Rdnr. 6243; Wall, WuM 2007, 415 [424]; Ropertz, WuM 1992, 291 [292]; Lützenkirchen, Anw-Hdb. MietR, 3. Aufl., L Rdnr. 207; Staudinger/Weitemeyer, BGB [2006], § 556a Rdnr. 33; Both, Betriebskostenlexikon, 2. Aufl., Teil 1, Rdnr. 13; a.A. Lammel, in: Schmidt-Futterer, § 9b BetriebskostenVO Rdnr. 4).
Der BGH bestätigt in seiner Entscheidung die erstgenannte, von der herrschenden rechtsprechunf favorisierte Lösung:
„Die … Auffassung trifft im Ergebnis zu. Bei den Nutzerwechselkosten handelt es sich schon begrifflich nicht um umlagefähige Betriebskosten. Nach der Legaldefinition in § 556 I 2 BGB (gleich lautend mit § 27 I der II. BerechnungsVO vom 12. 10. 1990, gültig bis 31. 12. 2003) sind unter Betriebskosten diejenigen Kosten zu verstehen, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Hiernach gehört zu den tatbestandlichen Voraussetzungen, dass es um „laufend entstehende Kosten“ geht. Es muss sich daher um (stetig) wiederkehrende Belastungen handeln (vgl. auch Senat, NJW 2007, 1356 = NZM 2007, 282 [unter II 1, 2]). Daran fehlt es hier. Die sog. Nutzerwechselgebühr fällt nicht in wiederkehrenden, periodischen Zeiträumen an, sondern im Laufe eines Mietverhältnisses lediglich einmalig im Zusammenhang mit dem Auszug des Mieters.
Linkhinweis:
Das Urteil kann im Volltext über die Internetpräsenz des Bundesgerichtshofs (www.bundesgerichtshof.de) abgerufen werden.
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