OLG Stuttgart zur Widerrufsbelehrung bei eBay
Das OLG Stuttgart hat mit Beschluss vom 04.02.2008 (Az. 2 U 71/07) zu folgenden wettbewerbsrechtlichen Fragen des Handels bei eBay Stellung bezogen:
1. Zunächst hat das Gericht klargestellt, dass eine in das Internet gestellte Widerrufsbelehrung mit der Formulierung „Die Frist beginnt mit Erhalt dieser Belehrung“ wettbewerbswidrig sei. Richtigerweise müsse darauf hingewiesen werden, dass die Widerrufsfrist „nicht vor Erhalt der Belehrung in Textform und der Ware beginne“. Damit hat sich das Gericht den bereits vom OLG Hamm (Beschluss vom 15.03.2007 – 4 W 1/07) sowie vom KG Berlin (Beschluss vom 05.12.2006 – 5 W 295/06) vertretenen Rechtsauffassungen angeschlossen.
2. Des Weiteren hat das OLG Stuttgart entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung, die nicht darüber informiert, dass der Widerruf nicht nur in Textform, sondern auch durch Rücksendung der Ware ausgeübt werden kann, abmahnfähig ist.
3. Eine Abmahnung haben nach Auffassung des OLG Stuttgart überdies solche eBay-Händler zu befürchten, die im Rahmen der Widerrufsbelehrung die gängige Wertersatzklausel verwenden, welche keine Ausnahme für eine Verschlechterung der Kaufsache vorsieht, die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch entstanden ist. Diese Auffassung haben bislang lediglich das Landgericht Berlin (Beschluss vom 15.03.2007, –52 O 88/07-) und das Landgericht Karlsruhe (Beschluss vom 8.8.2007 – 13 O 76/07) vertreten. Der Beschluss des OLG Stuttgart stellt damit die erste obergerichtliche Entscheidung dar, welche von der Wettbewerbswidrigkeit der gängigen Wertersatzklausel ausgeht. Mit dem Kammergericht Berlin (Beschluss vom 9.11.2007 – Az. 5 W 304/07) und dem OLG Hamburg (Urteil vom 19.06.2007 – Az. 5 W 92/07) haben gleich zwei Oberlandesgerichte eine abweichende Rechtsauffassung angenommen und in der Verwendung der Wertersatzklausel zumindest keinen erheblichen Wettbewerbsverstoß gesehen. Solange zu dieser Frage der BGH keine endgültige Entscheidung getroffen hat, sollten eBay-Händler zur Vermeidung von Abmahnungen ihre Wertersatzklausel aber trotzdem entsprechend anpassen. Denn bei Wettbewerbsverstößen über das Internet gilt der sog. fliegende Gerichtsstand und der abmahnende Wettbewerber kann sich das Gericht aussuchen, das die ihm günstigste Rechtsauffassung vertritt.
4. Weiterhin hat das OLG Stuttgart darauf hingewiesen, dass sich ein Unternehmer nur dann auf die Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung berufen kann, wenn er diese unverändert übernommen hat. Privilegiert sei lediglich die Verwendung des Musters und nicht die einzelner Musterbedingungen. Einzelne Änderungen könnten in Ausnahmen allenfalls dann die Schutzwirkung unberührt lassen, wenn zu Lasten des Verbrauchers gehende Unrichtigkeiten des Musters berichtigt würden. Dennoch können wir nicht ohne Bedenken empfehlen, die Muster-Widerrufsbelehrung des Gesetzgebers im Online-Handel ohne Änderungen zu übernehmen. Denn nach Auffassung des KG Berlin gilt die Muster-Widerrufsbelehrung nur für Belehrungen in Textform, nicht aber für Belehrungen, die lediglich in einem Internetauftritt zur Verfügung gestellt werden (KG Berlin, Beschluss vom 6.12.2006 – 5 W 295/05).
5. Schließlich hat das OLG Stuttgart den Streitwert je Fehler in einer Widerrufsbelehrung mit 2.500 Euro bewertet.
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