BGH: Mieter können Abmahnung des Vermieters nicht angreifen
Der BGH hat mit Urteil vom 20.02.2008 (VIII ZR 139/07) entschieden, dass Mieter eine vom Vermieter ausgesprochene Abmahnung wegen eines angeblichen Fehlverhaltens nicht isoliert angreifen können – auch dann nicht, wenn der Vermieter die Abmahnung zu Unrecht ausgesprochen hat.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt war der Kläger Mieter einer von der Beklagten vermieteten Wohnung. Mit einem als „Abmahnung“ bezeichneten Schreiben teilte die Beklagte ihm mit, dass sie eine Beschwerde über ihn wegen Ruhestörung, häufig durch ein überlaut eingestelltes Fernsehgerät, erhalten habe. Für den Fall einer erneuten Beschwerde drohte sie ihm die fristlose Kündigung des Mietvertrags an.
Der Kläger sah die Abmahnung als unberechtigt an. Mit seiner Klage begehrte er, die Abmahnung zu beseitigen und hilfsweise weitere zu unterlassen. Weiter hilfsweise verlangte er die Feststellung der Unrechtmäßigkeit der Abmahnung. Seine Klage hatte keinen Erfolg.
Nach Ansicht des BGH hatte der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung der Abmahnung. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Abmahnung unberechtigt gewesen sein sollte. Aus dem BGB lasse sich kein Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung einer vom Vermieter ausgesprochen Abmahnung herleiten. Denn selbst eine unberechtigte Abmahnung verletze den Mieter nicht in seinen Rechten. Die Wirkungen einer Abmahnung erschöpfen sich darin, dem Mieter ein als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen. Der Vermieter erlangt dadurch für einen späteren Rechtsstreit auch keinen „Beweisvorsprung“. Vielmehr muss er den vollen Beweis für die vorausgegangene Pflichtwidrigkeit führen, wenn der Mieter diese bestreitet und es auf die behauptete frühere Vertragsverletzung ankommt.
Praxishinweis:
Eine Abmahnung ist im Falle einer Kündigung wegen vertraglicher Pflichtverletzungen regelmäßig Voraussetzung für deren Wirksamkeit.
Im Arbeitsrecht ist anerkannt, dass der zu Unrecht abgemahnte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beseitigung der Abmahnung (aus der Personalakte) hat; Grundlage des Beseitigungsanspruchs ist die sehr ausgeprägte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Die Übertragung dieser Verfahrensweise auf den Bereich des Mietrechts hat der BGH in seinem Urteil jedoch ausdrücklich abgelehnt, da eine solche Fürsorgepflicht im Mietvertragsrecht „in keinem vergleichbaren Maß besteht“.
Im Mietrecht wird daher weiterhin das im Rahmen einer Räumungsklage angerufene Gericht inzident das Vorliegen vorheriger, wirksamer Abmahnungen zu überprüfen haben.
Linkhinweis:
Zu der Entscheidung liegt eine aktuelle Pressemitteilung des BGH vor. Der Volltext wird in Kürze über die dortige Homepage (www.bundesgerichtshof.de) abrufbar sein.
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