LG Frankfurt a.M.: Verbreitung von Inhaltsmitteilungen fremder Texte („abstracts“) im Internet ist zulässig
Die Verbreitung von Inhaltsmitteilungen fremder Texte, sogenannter „Abstracts“, verstößt weder gegen das Urheberrecht des Rechteinhabers, noch gegen das Wettbewerbs- oder das Markenrecht. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main entschieden und damit eine Unterlassungsklage der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (FAZ) gegen den Internet-Anbieter «Perlentaucher» abgewiesen (Urteil vom 23.11.2006, Az.: 2-03 O 172/06). In einem zweiten Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main blieb auch die Unterlassungsklage der „Süddeutschen Zeitung“ gegen das Internet-Anbieter Kulturmagazin erfolglos.
Die „Franfurter Allgemeine Zeitung“ bietet ein Online-Archiv an, aus dem sich Dritte gegen Entgelt einzelne Zeitungsartikel aussuchen und auf einer Intranet-/Internetseite veröffentlichen dürfen. Der Internet-Anbieter „Perlentaucher“ bietet auf seiner Internetseite Zusammenfassungen verschiedener Feuilletonartikel der wichtigsten deutschsprachigen Qualitätszeitungen an. Hierzu gehören auch in der „FAZ“ erschienene Originalrezensionen zu aktuellen Buchveröffentlichungen, die „Perlentaucher“ unter der Überschrift „Notiz zur FAZ“ in verkürzter Form wiedergibt. An diesen Notizen hat „Perlentaucher“ gegen Entgelt Lizenzen an die Internet-Bookshops amazon.de und bücher.de erteilt. Hiergegen setzten sich die Verleger der „FAZ“ zur Wehr. Sie beantragten beim Landgericht, dem «Perlentaucher»-Anbieter die kommerzielle Verwertung ihrer Notizen im Wege der Weiterlizenzierung an Dritte zu untersagen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein entsprechender Unterlassungsanspruch der „FAZ“ wurde verneint. Insbesondere ergebe sich kein solcher aus § 97 Abs. 1 UrhG. Bei den angegriffenen Textfassungen handele es sich um eine Sekundärnutzung urheberrechtlich geschützter Textvorlagen – Originalbuchkritiken – in eigengestalteten Kurzfassungen dieser Vorlagen. Diese „Abstracts“ dienten dazu, den Leser über den wesentlichen Inhalt der Originaltexte zu informieren. Eingriffe in die urheberrechtlichen Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte gemäß §§ 16, 17 UrhG scheitern nach Ansicht des LG bereits daran, dass es an einer Eins-zu eins-Dokumentation von Textauszügen fehle. Übernommen würden allenfalls sehr kleine Teile der Originalkritiken wie einzelne Wörter, Sätze oder Satzteile.
Die angegriffenen „Abstracts“ beinhalteten Inhaltsmitteilungen. Weil die den „Abstracts“ zugrunde liegenden Originalkritiken bereits mit Zustimmung der jeweiligen Urheber erstveröffentlicht seien, ergebe sich die Zulässigkeit der Inhaltsmitteilungen aus § 12 Abs. 2 UrhG. Aus einem aus dieser Vorschrift zu ziehenden Umkehrschluss ergebe sich, dass nach Erschöpfung des Mitteilungsvorbehaltes jedermann den Inhalt des Werkes öffentlich mitteilen oder beschreiben könne, ohne den Urheber fragen zu müssen. Diese Inhaltsmitteilungen seien von dem Einwilligungsvorbehalt des § 23 UrhG freigestellt.
Die Klägerin könne ihren Unterlassungsanspruch auch nicht auf eine Markenrechtsverletzung stützen. Die Beklagte habe das zugunsten der „FAZ“ geschützte Kennzeichen „FAZ“ nicht im Sinne des § 14 Abs. 2 MarkenG rechtsverletzend genutzt. Es fehle an dem für eine Verletzung erforderlichen kennzeichenmäßigen Gebrauch. Vielmehr sei die Verwendung des Kennzeichens durch die Beklagte rein inhaltsbeschreibend. Sie stelle mit der Überschrift „Notiz zur FAZ vom …“ lediglich klar, dass sie für die von ihr erstellten Zusammenfassungen Texte der „FAZ“ verwendet habe.
Das Landgericht lehnte schließlich auch einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ab. Für die Anwendung der §§ 3, 4 UWG neben den sondergesetzlichen Regelungen des Urheber- beziehungsweise Markengesetzes müssten besondere, außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestandes liegende Umstände hinzutreten, welche die beanstandete Handlung als unlauter erscheinen ließen. Dies sei hier nicht der Fall.
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