Der Zugangsnachweis bei Einwurf-Einschreiben
Immer wieder stellen Vermieter uns die Frage, mit welcher Zustellungsart sie beweissicher beispielsweise eine Mieterhöhung, eine Abmahnung oder eine Kündigung zuzustellen könne, ohne sich im Rahmen eines später gerichtlichen Verfahrens dem Vorwurf ausgesetzt sehen zu müssen, das Schreiben habe den Mieter nie erreicht.
Zweifelsfrei stellt die Zustellung empfangsbedürftiger Schreiben per Gerichtsvollzieher die sicherste Zustellungsart dar, da dieser die persönliche Übergabe an den Empfänger oder den Einwurf in den Briefkasten auf einer Zustellungsurkunde protokolliert und letztere dem Absender als Beweismittel zur Verfügung stellt. Jedoch belaufen sich die Kosten dieser Zustellungsart auf knapp 20,00 €, sodass Vermieter diese Kosten oft scheuen und auf das kostengünstigere Einwurf-Einschreiben zurückgreifen.
Anders als beim „klassischen“ Einschreiben findet bei Versendung als Einwurf-Einschreiben keine persönliche Übergabe der Sendung gegen Unterschrift der Empfangsperson statt. Vielmehr erfolgt die Ablieferung durch Einwurf der Sendung in den Briefkasten bzw. durch Einlegen in das Postfach des Empfängers. Das Wirksamwerden einer mittels Einwurf-Einschreiben abgegebenen Willenserklärung richtet sich nach § 130 Abs. 1 BGB. Danach wird einem Abwesenden gegenüber abgegebene Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm zugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Dies ist beim Einwurf-Einschreiben bereits mit dem Einwurf in den Briefkasten der Fall. Eine Mitwirkung des Empfängers bedarf es folglich nicht. Dies hat den Vorteil, dass der Empfänger nicht die Möglichkeit hat, den Zugang etwa dadurch zu verhindern, dass er dem Postboten nicht öffnet, die Annahme verweigert oder die Sendung nach Erhalt einer Benachrichtigungskarte nicht in der Postfiliale abholt.
Möglich ist der Zugangsnachweis eines Einwurf-Einschreibens zunächst durch Zeugenbeweis, insbesondere durch die Vernehmung des Postboten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Zusteller nach mehreren Monaten in einem Beweistermin an eine konkrete Zustellung erinnert geht jedoch gegen Null.
Auf Grundlage der in Augenschein zu nehmenden Belege wird jedoch teilweise ein Anscheinsbeweis für den Zugang einer per Einwurf-Einschreiben versandten Erklärung angenommen. Ein Anscheinsbeweis greift nach der Rechtsprechung des BGH dann ein, wenn ein typischer Geschehensablauf vorliegt, in dem nach der Lebenserfahrung ein bestimmter Tatbestand auf den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Dieser Schluss setzt eine Typizität des Geschehensablaufs voraus, was bedeutet, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass seine Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist.
Unter Berücksichtigung dessen, gehen die Gericht von einem Anscheinsbeweis bei Vorlegen des Einlieferungsbelegs sowie der Reproduktion des Auslieferungsbelegs aus. Hierzu muss man wissen, dass vor dem Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers bzw. dem Einlegen in dessen Postfach der Zusteller das Abziehetikett, welches bei Einlieferung zur Identifizierung auf dem Brief angebracht wird, abzieht und es auf einen vorbereiteten Auslieferungsbeleg klebt; der Auslieferungsbeleg wird vom Zusteller mit Datum Unterschrift seitens des Zustellers quittiert und danach zentral eingescannt und für drei Jahre elektronisch archiviert. Im Anschluss an das Scannen wird das Original des Einlieferungsbelegs zwar zerstört, jedoch erhält der Versender auf Wunsch eine Reproduktion.
Welche Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, um den Anscheinsbeweis für den Zugang eines Einwurf-Einschreibens zu erschüttern ist bislang in der Rechtsprechung noch weitgehend ungeklärt. Ein Anscheinsbeweis kann nach allgemeinen Grundsätzen dadurch erschüttert werden, dass die Partei, zu deren Lasten der Anscheinsbeweis greift, konkrete Tatsachen vorträgt und ggf. beweist, aus denen sich im konkreten Einzelfall ein atypischer Verlauf ergibt.
Nicht ausreichend kann aber die pauschale Behauptung sein, man habe das Schreiben nicht erhalten. Denkbar wäre aber z.B. der Vortrag, beim Empfänger oder in seiner unmittelbaren Nachbarschaft sei es in der Vergangenheit bereits häufiger zu Fehlzustellungen gekommen.
Da die Zustellung per Einwurf-Einschreiben und die Nachweisbarkeit der Zustellung aus vorstehend genannten Gründen nach wie vor mit einem gewissen Risiko behaftet ist, empfehlen wir hinsichtlich empfangsbedürftiger Erklärungen wie einer Mieterhöhung oder Kündigung die Zustellung per Gerichtsvollzieher oder per Boten. Bei Letzterem ist jedoch erforderlich, dass dieser vor Einkuvertieren das Schreiben auch tatsächlich liest, bevor er es in den Briefkasten des Empfängers wirft, um im Streitfall vor Gericht bezeugen zu können, was er für ein Schreiben letztlich zugestellt hat.
Sollten Sie hinsichtlich der Zustellung von Schreiben oder andere mietrechtlich relevante Fragen haben, stehen wir Ihnen gerne telefonisch oder in einem persönlichen Beratungsgespräch zur Verfügung.
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